Die unglaublichen Abenteuer des Schwindlers Pablo von Segovia

Man möchte es kaum glauben, aber es sollte 150 Jahre dauern, bis religiöse Texte oder Pamphlete endlich von weltlichen Druckschriften in der Auflagengröße abgelöst wurden. Seit der Erfindung des Buchdruckes durch Johannes Gutenberg zählten vor alle die Bibel und Martin Luthers Pamphlete zu den Bestsellern. Luther war so populär, dass damals ein Drittel aller Druckschriften aus seiner Feder stammten.

Anfang des 17. Jahrhunderts begann sich eine neue Gattung an Schriften zu etablieren, nämlich der Roman. Der erste belletristische Bestseller der gedruckten Buchgeschichte war Don Quijote von Miguel de Cervantes. Der trauriger Held der Erzählung ist uns mit seinem Kampf gegen die Windmühlen und seinem treuen Diener Sancho Panza auch vier Jahrhunderte später noch wohl bekannt.

El Buscón

Cervantes Roman inspirierte eine Reihe von Autoren und 1626 erschien in Spanien Die Geschichte und das Leben des Schwindlers genannt Don Pablos, Vorbild für Vagabunden und Elendige (Originaltitel: Historia de la vida del Buscón, llamado Don Pablos, ejemplo de vagamundos y espejo de tacaños) von Francisco de Quevedo.

Deckblatt der Originalausgabe von 1626

Der Held der Erzählung, Don Pablos, ist der Sohn eines Barbiers und Diebes, sowie einer Prostituierten und Hexe. Von klein auf lernt er sich durch das Leben zu stehlen und zu schwindeln. Sein Leben bekommt eine erste tragische Wendung, als sein Bruder, ebenfalls ein Dieb, eingesperrt und zu Tode gepeitscht wird. Pablos Wunsch in die Schule zu gehen findet durch seine Herkunft und die Grausamkeiten seiner Mitschüler rasch ein Ende. Als sein Vater zum Tod durch Hängen verurteilt und seine Mutter ins Gefängnis wandert, bestärkt sich sein Wunsch nach einem sozialen Aufstieg umso mehr, doch bleibt es ihm in Spanien nicht vergönnt, dies zu schaffen und er entscheidet sich zu Ende des Romans nach Indien – also nach Amerika – zu gehen.

Comicalbum

Genau dort setzt der Comicband Das trügerische Indien – Ein zweiter Teil der Geschichte des Lebens des Abenteurers namens Don Pablos von Segovia (französischer Originaltitel: Les Indes fourbes – Une seconde partie de l’Histoire de la vie de l’aventurier nommé don Pablos de Ségovie) an und erzählt die unglaublichen Abenteuer des Don Pablos in Südamerika, der sich auf die Suche nach dem sagenumwobenen El Dorado macht.

Buchcover von Der große Indienschwindel

Die Geschichte verdankt dem Szenaristen Alain Ayroles und dem Zeichner Joanjo Guarnido ihren Charme und ihre Eleganz. In drei Kapiteln erzählt Don Pablos als elender Gefangener seinen Peinigern seine Lebensgeschichte, und die Suche nach El Dorado. Die spanischen Verwalter, die ihn gefangen halten, wollen aus ihm nichts anderes als die Lokation von El Dorado entlocken, was ihnen auch gelingen soll – wie sie meinen.

In mehreren überraschenden Wendungen erfährt der Leser aber, dass Don Pablos Geschichte so nicht ganz stimmte, und muss erkennen, dass sein Leben ihm einige hilfreiche Fertigkeiten gelehrt und eine einmal gebrochene und seither flexible Nase verliehen hat, das ihm dank der blinden Gier vieler Beteiligten das vermutlich größte Täuschungsmanöver der Weltgeschichte gelingen lässt.

Ich fand das Comicalbum im Comicgeschäft Librairie Bildergarte in Strasbourg und hatte es mehrmals in der Hand und legte es wieder zurück, weil es mir mit seinem Umfang von 160 Seiten zu einschüchternd vorkam. Den Kauf beim zweiten Besuch im Geschäft bereute ich jedenfalls nicht.

Die Geschichte ist schwungvoll erzählt, mit vielen Verflechtungen und Wendungen. Die Zeichnungen selbst sind superb, absolut detailreich, was sich vor allem bei den Massenszenen manifestiert. Auffallend ist auch der Schwung, mit dem die einzelnen Seiten gestaltet sind, und die Ausdruckskraft der Gesichter sticht hervor. Speziell das gibt der Geschichte viel Humorvolles und Sympathisches. Es ist ein Vergnügen die Änderungen in den Gesichtszügen von einem Bild zum nächsten zu folgen.

Der großformatige Band ist 2019 bei Delcourt auf Französisch erschienen und auf Deutsch unter dem Titel Der große Indienschwindel und kostet €34,90. Hier ist eine Ankündigung des Comicalbums.

Im folgenden Video hier bietet der Zeichner der Abenteuernovelle, Juanjo Guarnido, einen Einblick in seine Arbeit an diesem Band:

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