Bezaubernde Djinn – Ein (erotischer) Ausflug in die Welt der Sultane, Göttinnen und Maharadschas

Wer mit der Fernsehserie Bezaubernde Jeannie aufgewachsen ist, ist bereits mit der Welt der Flaschengeister vertraut. In dieser Serie aus den 1960er Jahren fand der von Larry Hagman gespielte Astronaut Tony Nelson an einem Strand eine Flasche, in der sich der von Barbara Eden gespielte Flaschengeist (“Dschinn”) Jeannie verbarg. Ihre Zauberkräfte (und Eifersucht) brachten Tony Nelson immer wieder in Bedrängnis.

Knapp sechzig Jahre später schufen der französische Szenarist Jean Dufaux und die spanische Zeichnerin Ana Miralles die Comic-Serie Djinn, von der 13 Bände erschienen sind. Hatte schon die Bezaubernde Jeannie einen definitiv erotischen Unterton in der Beziehung zwischen Nelson und Jeannie, so wird es viel expliziter in dieser Comicserie. Und auch der Nachnamen der Protagonisten zeigen eine Referenz zur Fernsehserie.

In den Alben, deren Geschichten in drei Zyklen in der Türkei, Afrika und Indien stattfinden, gibt es zwei zusammenhängende Erzählstränge. Kim Nelson, die im heutigen London aufgewachsen ist, macht sich auf die Suche nach der Geschichte ihrer Mutter und Großmutter Jade, die ein Dschinn gewesen sein soll. Ihre Magie als Dschinn bestand darin, dass sie Frauen und Männer dazu bringen konnte, sich hoffnungslos in sie zu verlieben und für sie alles aufzugeben, ja selbst in den Tod zu gehen. Für eine Dschinn bedeutet das allerdings, dass sie selbst nie Liebe empfinden kann, so sehr sie es sich wünscht, und damit unweigerlich alle Beziehungen zerbrechen.

Kim wird sich im Verlauf ihrer Untersuchungen bewusst, dass in ihr selbst das Blut ihrer Dschinn-Großmutter fließt und sie damit auch über diese Macht verfügt (und der Fluch anhängt). Auf ihren Nachforschungen, die zu einem geheimnisvollen Schatz und einer schwarzen Perle mit einer mysteriösen Flüssigkeit führen sollen, erleben wir immer wieder die Geschichte der verführerischen Jade. Vom Harem des Sultans in Istanbul angefangen, zu einer afrikanischen Göttin der Krankheit und des Unglücks, hin zum Palast des Maharadschas in Eschnapur in indien wechselt die Geschichte zwischen den 1900er und den 2000er Jahren.

Ana Miralles bei der Arbeit am Band 12 von Djinn

Wir erhalten einen Einblick in das langsam zerbröckelnde britische Kolonialreich vor dem ersten Weltkrieg, dem Liebesdreieck zwischen Jade, Lady & Lord Nelson, sowie die ergänzenden Liebespartner aus dem Harem des Sultans, den afrikanischen Stämmen und den Liebespalast des Maharadschas. Kim, wie auch schon ihre Großmutter Jade, wird dabei selbst teilweise zum Spielball der eigenen Geschichte, entwickelt sich aber durch das Erkennen ihrer Kräfte zu einer selbstbewussten Frau. So muss sie sich, um einen Teil es Geheimnisses ihrer Großmutter zu lösen, der Prüfung der 30 Glocken unterziehen, bei der sie um ein Glöckchen zu erhalten, ihre Liebeskünste mit immer neuen Partnern beweisen muss.

Die Szenarien führen die Leser immer wieder auf neue verschlungene Pfade, begleitet von zauberhaften Zeichnungen. Die Farben, die Details und die Dynamik bringen die Erzählung, die Beziehungen und die Erotik dank der Arbeit von Miralles auf ein kunstvolles Niveau. Jede Seite ist ein Augenschmaus, man kann sich gar nicht satt genug sehen.

Die 13 Alben, die auch als dreibändige Gesamtausgabe (Cycle Ottoman, Cycle Africa, Cycle Indien) vorliegen, sind im Verlag Dargaud erschienen, auf Deutsch im Verlag Schreiber & Leser.

Ana Miralles bei der Arbeit an einem Cover

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