Wenn man Trocken im Trockenen sitzt

Eine beeindruckende Anzahl an Freunden mit denen ich in letzter Zeit ausging erzählte mir, dass sie zu trinken aufgehört hatten. Seit zwei Wochen oder mehreren Monaten haben sie dem Alkohol abgeschworen. Ihr Gründe für die Abstinenz variieren, von höherem Gesundheitsbewusstsein bis hin zum Freund, der alkoholisiert hinter dem Steuer erwischt worden war und  man selbst nun realisiert, dass es das nicht wert sei.

Was auch immer ihre Gründe sein möchten, ich kann mich in sie hinein fühlen. Ich hörte vor zweieinhalb Jahren auf zu trinken. Ich nahm mir das als Neujahrsresolution vor. Nicht, dass ich vorher viel getrunken hätte, aber das gelegentliche Glas Wein jeden zweiten Tag oder ein Bier mit Freunden zweimal im Monat. Aufzuhören war also nicht wirklich das Problem. Trotzdem bemerkte ich diese Lust auf ein Gläschen, und dass mir bewusster wurde, dass ich meine übliche Runde im Supermarkt vorbei an den Weinregalen nun vermied.

Während einige Freunde die Alkohollosigkeit sehr streng nehmen, erlauben sich andere das gelegentliche Gläschen Sekt zu einer Geburtstagsfeier. Ich nenne das ein Abstinenzspektrum, im Sinne von Fleischesser <-> Vegetarier <-> Veganer.

Wo sind die Drinks?

Nicht-alkoholische Getränke trinken ist leicht, meinst Du? Nun ja, hier beginnt es spannend zu werden. Während die Kellner einem ganze Bücher mit dutzenden Seiten an aufgelisteten Weinen, Cocktails, Biersorten und Likören überreichen, ist die nicht-alkoholische Auswahl sehr bescheiden, mit oft nicht mehr als zwei bis drei Zeilen. Limonaden, Säfte und Wasser. Mitfühlende Kellner schlagen bieten oft an, dass man ja auch die Cocktails ohne Alkohol zu bereiten könne.

Das ist verblüffend. Fast kein Restaurant oder Bar hat eine Auswahl an nichtalkoholischen Getränken die den Begriff „Auswahl“ verdienen würde. Diese Art von Getränken sind irgendwie verschollen und keinen kümmert’s. Während Barkeeper darauf spezialisiert sind Cocktails aller Art zuzubereiten, und feinere Restaurants Sommeliers beschäftigen die Weinempfehlungen machen, so scheinen nicht-alkoholische Getränke die Stiefkinder der Restaurantindustrie zu sein.

Niemand kümmert sich um eine Auswahl solcher Getränke. Sie sind nicht mal ein Nebengedanke. Aber ich könnte mir eine ganze Reihe an Möglichkeiten vorstellen. Beginnen wir mit Limonaden. Ich bin nicht wirklich ein Fan der Coke-Fanta-Sprite-Standardauswahl die man überall erhält. Mineralwasser, das ich gerne trinke, ist ja nett, aber das trägt nicht zur Hebung des gesamten kulinarischen Erlebnisses bei.

Die Säfteauswahl ist oft beschränkt. Wenn etwas im Angebot ist, dann sind das Orangen- und Apfelsäfte. Das klingt mehr nach Frühstück. Und Cocktails ohne Alkohol zum selben Preis und vermindertem Geschmack? Eine nicht wirklich berauschende Option.

Status Quo

Der heutige Status Quo mit nicht-alkoholischen Getränken erinnert mich an die Kaffee- und Bierkultur in den USA noch vor wenigen Jahren. Was man dort erhielt waren Filterkaffee mit Gratis-Nachfüllung, oder Bud, Miller und was immer sie dort Bier nannten. Das war’s.  Danke der Pionierleistung von Starbucks (ja, das Starbucks) kam eine ganze Reihe an kleinen Kaffeeröstereien, Cafés und Kaffeebars ins Land, die sich in urbanen Zonen ansiedelten und guten Kaffee zu den Leuten brachten. Die Entstehung von Mikrobrauereien über ganz Nordamerika brachten Bier in verschiedensten Geschmacksrichtungen, Brauarten und bis dato unvorstellbaren Varianten hervor.

Die Auswahl an neuen Kaffees und Bier scheint nach oben keine Grenze zu haben.

Das ist was ich gerne sehen würde, und ich beginne mit Limonaden. Es gibt nicht nur Cola und Pepsi. Eine Reihe von kleinen Limonadenfirmen bringen Diversität in diesen Markt, Firmen wie Fentimans aus dem UK, oder Fritz-Cola aus Deutschland. Und ich bin mir sicher, dass es da hunderte davon gibt, wenn man sich nur mal umschauen würde. Zumindest sehe ich eine reiche Auswahl, wenn ich in die Süßwarenkette Rocket Fizz, gehe und dort die dutzenden Limonadenarten von ebenso vielen Unternehmen sehe.

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Ich bin aber noch nicht fertig. Wie steht’s abseits von Limonaden, mit Getränken die eher mildere Geschmacksrichtungen haben und nicht so picksüß sind? Getränke auf Gemüsebasis, mit Gewürzen, fermentiert, kalt oder heiß, und was sonst nicht alles. Damit könnte man eine Auswahl an Getränken erstellen, die heutige Weinlisten durchaus Konkurrenz bieten können. Und sie könnten viel besser auf die Speisenauswahl angepasst sein.

Träume von einer Getränkekultur

Ich träume von einer Getränkekultur, wo Restaurants Gästen eine reiche Auswahl an nicht-alkoholischen Getränken anbieten; eine Auswahl die es würdig ist Auswahl genannt zu werden. Habe ich da gerade eine Idee für ein Getränkestartup entdeckt, die einen völlig neuen Markt erschließt?

Ein Gedanke zu „Wenn man Trocken im Trockenen sitzt“

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