Ätsch, ich lebe noch!

Was typischerweise nur die Lektüre von Richtern, Polizei und Staatsanwälten ist, wurde 2006 zum unerwarteten Bestseller. Zuerst in Italien und dann weltweit stürmte das Erstlingswerk Gomorrha von Roberto Saviano die Bestsellerlisten. Darin schilderte der Neapolitaner aus eigener Erfahrung und mit viel Recherche das Wirken der Mafiaorganisation Camorra in seiner Heimatstadt und nannte die Anführer und Täter bei vollem Namen.

Wegen dieser Aufmerksamkeit wurde er zum Ziel der Mafia und lebt seither unter ständigem Polizeischutz. Und übers dieses, sein eigenes bedrohtes und isoliertes Leben schildert der Comic „Je suis toujours vivant“ („Ich bin immer noch am Leben“), vom Zeichner Asaf Hanuka eindrucksvoll in Szene gesetzt.

Savianos Leben unter Polizeischutz wird nachgezeichnet und von ihm selbst erzählt. Er schildert die Vorsicht, das ständige Umziehen in Hotels und Wohnungen, wo ihm nichts gehört. Die Schwierigkeiten auch nur ein Café aufzusuchen, seine Familie zu treffen oder zu schützen, oder einfach nur eine Beziehung zu führen, und andererseits die Unterstützung von seinen Lesern, die ihm Kraft gibt. Etwas Normalität ergibt sich nur, wenn er gelegentlich für einige Monate Zeit in den USA verbringt, wo er etwas selbständiger unterwegs sein kann, auch wenn er den lokalen Behörden seinen Aufenthalt angeben muss und er in einem Wohnkomplex absteigen muss, in dem eine Reihe weiterer gefährdeter Personen lebt.

Wie sehr eine Rückkehr zur Normalität trügt, zeigte uns kürzlich das Attentat auf Salman Rushdie, auf den ähnliche Todesdrohungen ausgesprochen wurden.

Der Comic selbst gibt nur einen kleinen Einblick in die Gefühlswelt eines Lebens in ständiger Gefährdung, doch selbst das ist bereits deprimierend. Während Saviano das Leben eines Gefangenen lebt, leben die Mafiosi in Freiheit. Eine perverse Situation.

Das Album erschien im Verlag Gallimard und kostet €20,-

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